Der Gruberhof: "Wo sich Spinne und Grashüpfer Gute Nacht sagen"
Anfang August durften wir Karin und Ernst Mosshammer auf ihrem Gruberhof in Saalfelden besuchen und uns von ihrer Tier- und Pflanzenliebe anstecken lassen. Aufmerksam auf die beiden sind wir durch eine Auszeichnung geworden, nämlich den "Bio-Award" von Bio-Austria. Ein Preis, der für zukunftsorientierte, nachhaltige Landwirtschaft steht. Es ist unglaublich interessant, was es bei ihnen am Hof alles zu entdecken gibt, wie die beiden die Natur wahrnehmen und in ihr Leben einbeziehen. Nach dem Motto "Mach sichtbar, was ohne dich nicht wahrgenommen worden wäre", versuchen sie die Artenvielfalt auf ihrem Hof zu fördern und dabei entdecken sie immer wieder neue Bewohner.
Es lohnt sich hinzuschauen
Am Gruberhof leben nicht nur Kühe, Hühner und Katzen. Besonders an diesem Hof ist, dass die Aufmerksamkeit den kleinen Tieren gilt. Egal ob Schmetterlinge, Grashüpfer, Spinnen, Schlangen, Schnecken und noch zahlreiche andere Tiere und Insekten: Jeder ist willkommen. Wo so manch einer Berührungsängste hat, schauen die beiden genau hin und freuen sich, über jede neue Entdeckung. "Man muss lernen wieder genauer hinzuschauen und die Natur wahrzunehmen, erst dann kann sie geschützt werden", erklärt uns Karin. "Oft ist unbekannt, was vor unserer Nase ist. Bei genauerem Betrachten wird klar, was vor uns liegt und dass wir es schützen müssen".
Der erste Schritt
Karin ist eine leidenschaftliche Fotografin. Eines ihrer Lieblingsmotive sind und waren schon immer die Schmetterlinge. Leider nahm der Bestand in den letzten Jahren sichtbar ab, sodass die Tiere und somit auch die Motive fehlten. Handeln war angesagt! Mittels einer kleinen Schmetterlingszucht am Hof konnte der erste Schritt gesetzt werden. "Bei genauerem Hinsehen fiel auf, dass auch die Bienen auf den Feldern immer weniger wurden. Auch hier mussten wir handeln", meinte Karin. "Die Kleinigkeiten wurden immer mehr. Jedes Jahr haben wir neue Ideen und versuchen diese umzusetzen".
Anpacken lohnt sich
"In der Ruhe liegt die Kraft", ist ein Sprichwort, dass auch auf unsere Natur passt. Oft sieht man von Landmaschinen aufgegrabene Böden oder gut gedüngte Wiesen. Das muss aber nicht sein. Der Boden kann sich selbst erholen und regulieren, dafür braucht es lediglich Zeit. Diese Zeit geben ihm", erzählen Karin und Ernst. "Anfangs dauert es Jahre, aber jetzt kommen viele Blumen, die nie gesät wurden", berichten sie stolz. Das Warten zahlt sich also aus.
Mich hat interessiert, wie sie nach ihrer Umstellung ihre Weiden mähen. Durch das Mähen wird notwendiges Futter für die Kühe hergestellt, doch es zerstört auch viel Lebensraum für kleinere Tiere. Auch darauf haben die beiden Bio-Bauern eine Antwort: Sie stellten letztes Jahr ihre Mähtechnik um. Das Feld wird jetzt schonender gemäht, der Grasschnitt ist nicht mehr ganz so tief angesetzt, wie früher und die Tiere haben länger Zeit, um nach dem Schnitt flüchten zu können.
Als Folge der länger dauernden Prozesse wurde der Stallbestand verkleinert. Da ein landwirtschaftlicher Betrieb eine Einnahmequelle ist, könnte man meinen, dass die Umstellung ein finanzieller Rückschritt war, doch dem war nicht so. Durch den sinkenden Leistungsdruck konnte sichtbar bei den Betriebskosten gespart werden. Unerwartet war, dass andere Einnahmenquellen dazukamen, wie beispielsweise Unterstützungen von Institutionen. Was aber für die beiden das Wichtigste ist, ist die gewonnene Lebensqualität, die ihnen niemand nehmen kann.
Was wir tun können
Auch Privatpersonen können einfache Schritte setzten, um die Artenvielfalt und somit unsere Natur zu schützen. Wie? Ein Weg wäre Unkraut. Unkraut ist nämlich nicht gleich Unkraut. Für uns weniger schöne Pflanzen sind der Lebensraum von verschiedensten Tieren. Brennnessel sind beispielsweise die Heimat von vielen Raupen. Lassen wir sie stehen, können sich die Raupen zu wunderschönen Schmetterlingen entpuppen. Auch der Garten muss nicht ständig gemäht werden. Weck mit dem Rasenroboter und rein in die Renaturalisierung. So wird der natürliche Lebensraum wieder hergestellt und die Anzahl der Tiere erhöht sich. Ich habe bei meinem Ausflug gelernt, dass es Insekten gibt, die sich ausschließlich von einer Pflanze ernähren. Schneiden wir diese nieder, so haben auch die Tiere keine Überlebenschance.
Der 'Blödsinn' hört nie auf
Mit der Umstellung ihrer Mähtechnik haben die Beiden schon einen großen Schritt gesetzt. "Doch der Blödsinn hört nie auf", meinte Karin lachend. Jedes Jahr fällt ihnen was Neues ein und das ist auch gut so. Bestätigung bekommen sie von Tieren, die nur auftauchen, wenn eine gute Biodiversität vorliegt. Dies ist nur eines ihrer Highlights, von dem sie mir erzählen.
Bester Bio-Hof im Pinzgau
Anerkennung und Lob von außen ist immer schön. Das durften Karin und Ernst im März dieses Jahres durch eine Auszeichnung verspüren. Bio-Austria zeichnete die Beiden mit dem Bio-Award für ihre zukunftsorientierte und nachhaltige Landwirtschaft aus. Bester Bio-Hof im Pinzgau ist ein Titel, auf den man sichtlich stolz sein darf.
Wirklich interessant, was Karin und Ernst alles zu erzählen haben. An diesem Tag habe ich gemerkt, dass auch ich die Natur zu wenig wahrnehme. Oft gehe ich zu schnell und habe gar keine Zeit zu sehen, was eigentlich vor mir liegt. Lasst uns genauer hinschauen und bewundern, was die Welt zu bieten hat. Was habt ihr schon alles entdeckt?