Faszination Steinberge - Kletterabenteuer pur!
Viele, die mit dem Klettern anfangen, werden von diesem Sport regelrecht in ihren Bann gezogen. Zurecht, ist es doch eine wunderbare Herausforderung für Körper und Geist, ein Training für Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Geschicklichkeit. Viele Kletterer beginnen in der Halle, das große Abenteuer wartet aber im Freien, am Fels. Kaum eine Region bietet sowohl für den ersten Felskontakt als auch für herausfordernde Alpintouren so viele Möglichkeiten wie Saalfelden Leogang. Wir haben Klaus, einen Gast, bei seinen ersten Klettererfahrungen in den Leoganger Steinbergen begleitet. Lest selbst, wie es ihm ergangen ist.
Voll im Kletterfieber
Es sind wohl die vielen Klettergeschichten, die Klaus seit seinem letzten Urlaub in den Bergen in den Bann ziehen. Wochenlang beschäftigen sie ihn, bis er eines Tages beschließt in der Kletterhalle "Felsenfest" einen Anfängerkurs zu besuchen. Bald weiß er Bescheid über das richtige Sichern, Abseilen, lernt diverse Knoten und Techniken, die das Klettern vereinfachen. Er findet große Freude an der neuen Sportart, aber er kann den Drang nach "mehr" nicht mehr unterdrücken. Klaus weiß genau, was das "Mehr" ist. Der von der Natur über Millionen von Jahren geformte Fels ist es, der ihn fasziniert. Ihn zu erobern - in der jeweiligen Witterung, in seinem natürlichen Zustand, weit weg von Trubel und Lärm. In einem Magazin liest er über die Steinberge in Saalfelden Leogang - ein Klettereldorado mit hervorragender Infrastruktur und erfahrenen staatlich geprüften Bergführern. Dort muss er hin.
Gute Information und Organisation
Nur zwei Wochen später reist Klaus in den Pinzgau. Hotel sowie einen staatlich geprüften Berg- und Skiführer hatte er bereits über das Internet gebucht. Der voller Spannung erwartete Moment war gekommen und so steht er samt seiner Ausrüstung in der Lobby und wartet auf Ingolf Hammerschmied, der mit ihm die nächsten zwei Tage verbringen würde. Pünktlich um 19:00 Uhr betritt der Kletterexperte die Halle. Nach einer freundlichen Begrüßung gehen sie bald in ihr Vorhaben über, tauschen sich aus, klären Fragen, besichtigen das Equipment und definieren Tour sowie Zeitmanagement. Am nächsten Tag um 7:30 Uhr geht es los. Ingolf holt Klaus ab. Gemeinsam fahren sie nach Weißbach bei Lofer.
Zwischen Wald, Wiesen und Steinbergen
Der 700 Höhenmeter lange Anstieg zur Passauer Hütte, auf der Nordseite der Leoganger Steinberge, ist wunderschön. Zuerst führt der Weg durch einen Wald, bis Klaus und Ingolf eine wunderschöne Jagdhütte passieren. Dort füllen sie ihre Trinkflaschen bei einem Brunnen mit Wasser auf, um dann voller Elan über einen lichten Lärchenwald zu einer mit Blumen überladenen Karsthochfläche, die sogenannte "Grub", zu gelangen. Nach ca. zwei Stunden erreichen sie die Passauer Hütte. Der Wirt begrüßt sie freundlich, zeigt ihnen ihren Schlafplatz und serviert eine kräftigende Suppe.
Endlich, der Fels
Nun ist der Zeitpunkt gekommen: Die Berührung des Felsens, ihn zu erobern und an seinen Gipfel zu gelangen. Um die Mittagszeit starten sie zum Klettersteig "Leoganger Nord". Ingolf hat Klaus genauestens instruiert und wiederholt nun nochmals die wichtigsten Infos: "Die Schwierigkeit des Klettersteigs variiert zwischen B und C, die Wand ist 160 m hoch, die Exposition ist Nord. Hin und retour sollten wir ca. 2,5 Stunden benötigen." Nach 10 Minuten erreichen sie den Zustieg. Sie pausieren kurz und checken nochmals die Ausrüstung (Klettergurt, Klettersteigset, Helm und Handschuhe). Nachdem alle Fragen geklärt sind, erklimmen sie den ersten Abschnitt, der schon ziemlich anspruchsvoll ist. Besonders wichtig ist es, dass sie genügend Abstand zueinander lassen und dass sie immer mit beiden Karabinern am Seil angehängt sind. Nach dieser ersten Wand können sie sich etwas ausrasten, denn die nächste Passage ist flacher. Sie führt zum "Jausenkammerl", wo sie sich sogar hinsetzen können.
Klaus ist überglücklich! Er fühlt sich pudelwohl und freut sich über seine ersten zurückgelegten Höhenmeter des Klettersteigs. Nach kurzem Verschnaufen geht es steil über das "Überhangl" weiter zum nächsten, leichteren Abschnitt, die sogenannte "lange Wiese". Anschließend führt der Steig über die "Wendeltreppe" zum "Passauer Steg", eine Hängebrücke. Klaus ist fasziniert von dieser Brücke, denn sie hat für die Füße nur ein Seil und für die Hände zwei Seile zum Festhalten. Geschickt balanciert er über sie und stößt vor lauter Freude am Ende einen kräftigen Jubelschrei aus: Er fühlt sich unbezwingbar und federleicht. Aber der Steig ist noch nicht zu Ende. Er beherbergt noch ein paar Besonderheiten: das "Teufelsloch". Durch einen ca. 10 Meter langen und engen Abstieg durchquert man es und gelangt so auf die Südseite des Berges. Danach sind es nur noch wenige Höhenmeter und sie erreichen das wunderschöne Gipfelkreuz der westlichen Mitterspitze (2160 m). Klaus ist überwältigt! Das Kreuz, geformt aus Eisenstangen, umschließt eine betonierte Hand - ein wahres Kunstwerk. Nachdem sie sich am wunderschönen Ausblick über Saalfelden Leogang satt gesehen und Jause sowie "Gipfischnapsei" genossen haben, steigen sie über die "Henner-Leiter", den Passauer Steg sowie den bereits bekannten Weg ab, bis sie wieder bei der Passauer Hütte ankommen.
Abendrot und Pinzgawurm
Für Klaus geht allein schon mit diesem Klettersteig ein Traum in Erfüllung. Vor lauter Freude strotzt er vor Energie. Auch Ingolf ist zufrieden mit seinem Schützling und er merkt sofort, dass Klaus’ Energie noch nicht ausgeschöpft ist. Darum fragt er ihn, ob er heute noch einen Gipfelsieg machen wolle? Man kann sich vorstellen, dass seine Augen zu glitzern anfangen. Und so legen die beiden nochmals 200 Höhenmeter zurück - auf den Hochzint (2.246 m). Als sie am Gipfel sitzen und den bereits dämmernden Tag Revue passieren lassen, zeigt Ingolf nach Westen und erzählt: "Die Birnhorn Südwand gehört zu den drei höchsten Wänden der Ostalpen. Sie ist 1.400 m hoch und es gibt eine Klettertour durch die Südwand mit 45 Seillängen." Nach dem atemberaubenden Sonnenuntergang gehen sie mit ihren Stirnlampen zurück zur Passauer Hütte und übernachten dort mit ca. 25 anderen Gästen.
Das Finale: "Spätsommertraum"
"Abendrot - Schönwetter-Bot" hält was es verspricht. Der nächste Morgen zeichnet sich so schön ab wie der Vortag war. Ingolf und Klaus haben bereits das Frühstück zu sich genommen und sind seit 8:30 Uhr auf dem Weg zur Kuchelhorn Südwand. Heute gehen sie Alpin-Sportklettern. Ingolf und sein Bergführerkollege Hermann Eder waren 2010 die Erstbegeher dieser Route, die sie "Spätsommertraum" nannten. Dementsprechend gut kennt Ingolf diesen Berg und steigt die acht Seillängen voraus. Klaus hält sich sehr gut, der schwierigste Grad ist immerhin 6-. Um die Mittagszeit erreichen sie den Gipfel mit seinem schlichten Eisenkreuz. Klaus hat nun endgültig das Kletterfieber gepackt und steht wie ein wahrer Sieger neben dem Kreuz. Als sie am frühen Nachmittag wieder bei der Passauer Hütte ankommen, grinst er noch immer überglücklich und fragt Ingolf, ob er in drei Wochen nochmals Zeit für ihn hätte, denn dann hätte er zwei Wochen Urlaub: Er wolle eine Woche lang herumklettern und möglichst viel von ihm lernen. "Gerne nehme ich mir für dich Zeit, Klaus", meint Ingolf, "einen so ambitionierten Kletterer wie dich zu führen macht mir echten Spaß. Und wie du weißt, bist du bei mir als staatlich geprüften Berg- und Schiführer in besten Händen. Ich habe auch schon eine Idee, wo wir das nächste Mal hingehen könnten. Vom Riemannhaus ausgehend könnten wir die Schönfeldspitze erobern. Sie steht da wie eine Pyramide und hat ein gewaltiges Kreuz mit Maria, die ihren Jesus hebt. Ein echtes Abenteuer am Berg."
Begriffserklärungen:
Kletter-Schwierigkeitsgrade 1 bis 12, UIAA-Skala (in Österreich und Deutschland verbreitet):
- bis 5+ im Nachstieg mit Bergführer für sportliche Personen gut machbar; Basiskenntnisse "Sportklettern" vorausgesetzt
- 6- bis 8- regelmäßiges Klettern im alpinen Gelände vorausgesetzt
- 9- bis 12 Profi-Liga
Klettern in der Halle:
- Von Natur, Wetter und äußeren Einflüssen abgesichert
- Gewartete Sicherungen
- Geringe Abstände der Sicherungen (alle 1,5 m Sicherungshaken)
Sportklettern im Freien:
- Äußere Einflüsse sind gegeben (Helm empfehlenswert)
- Sicherungen sind gut
- Abstände der Sicherungen sind etwas weiter als in der Halle
Alpines Sportklettern:
- Mehrseillängen im alpinen Gelände
- Route ist mit Bohrhaken gesichert
- Abstände zwischen Bohrhaken sind teilweise etwas größer
- Erfordert erfahrenen/soliden Vorsteiger
- Viele Klettertouren siehe im Kletterführer "Steinplatte"
Alpines Klettern:
- Mehrseillängen im alpinen Gelände
- Zwischenhaken sind nicht immer gebohrt, manchmal auch Schlaghaken
- Mit Keilen und Friends selbst sichern
- Standplätze sind nicht immer vorhanden
- Sicherer Umgang mit mobilen Sicherungsgeräten Voraussetzung
- Viele Klettertouren siehe im Kletterführer "Steinplatte"
Bilder: Saalfelden Leogang, Sportalpen, Bergparadiese, Daniel Roos