Brauchtum in Leogang: Bachlschneid in der Hüttschmiede

Was ist eigentlich der "Bachltag"? Und warum braucht man für ihn ein besonders gut schneidendes Messer? Was die Hüttschmiede in Leogang mit dem Heiligen Abend zu tun hat und welche historischen Schätze sich in diesem kleinen Pinzgauer Ort sonst noch so verbergen, fanden wir für euch heraus.

Ein Tag mit vielen Theorien

Es ist Adventzeit. Bald ist Heiliger Abend. Im Pinzgau hat der 24. Dezember einen eigenen Namen: "Bachltag". Über die Herkunft des Wortes gibt es viele Theorien, ebenso wie für die Schreibweise: Bachl, Bachi oder Bache. Möglicherweise kommt die Bezeichnung vom Backen des Bachllaibs (Kletzenbrot), welcher am Heiligen Abend mit einem schneidigen Messer (Bachlschneid) angeschnitten wird. Oder es leitet sich vom Dialektwort "Bache" ab, das übersetzt soviel heißt wie Speck oder Schinken, der zu Feiertagen gegessen wurde. Eine weitere Tradition, die bis heute von vielen Familien gepflegt wird, ist die Mittagsspeise am 24. Dezember - das "Bachlkoch": ein Gericht aus Mehl, Milch und Butter. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts wurde am Heiligen Abend mit dem Bachlboschen (Nadelbaum-Zweige) der Kamin gereinigt. Und eine weitere Version leitet sich vom Bad in der Badestube (Bachlstube) ab. Schließlich wollten alle Hausbewohner die "Ankunft des Herren" gereinigt erleben.

Gute Schneid für Brot und Speck

In der Hüttschmiede in Leogang, die sich direkt neben dem Bergbau- und Gotikmuseum in Leogang befindet, wird jedenfalls seit einigen Jahren für ein gut schneidendes Messer (Bachlschneid) am Bachltag gesorgt: "Bevor sich seinerzeit die Familie zur Weihnachtsfeier in der Stube zusammenfand, mussten noch einige Arbeiten erledigt werden. So wurden traditionellerweise am 24. Dezember alle Messer im Haus geschliffen", berichtet Sigmund Riedlsperger, der Organisator der Hüttschmiede. Weiters erzählt er mit leichtem Schmunzeln, dass eine gute Schneid deshalb so wichtig war, weil das oft zu hart gebackene Kletzenbrot zerteilt werden musste und das frisch aus der Selchkammer geholte "Bachl Speck" (Speckstück) dünn aufgeschnitten werden sollte.
 

Der Schleifstein macht’s

Jung und alt, Einheimische und Brauchtumspfleger kommen also am Freitag vor dem 24. Dezember in die Leoganger Hüttschmiede. Zeit zum Hoagaschten und Philosophieren gibt es genügend. Hier findet man weder Hektik noch Trubel. "Wir sehen diesen Bachltag, an dem die Bachlschneid gemacht wird, als Ausgleich zum kommerziellen Advent", erklärt Sigmund Riedlsperger. Für die richtige Schneid kommt ein echter Naturschleifstein zum Einsatz. Aber Achtung: Well- und Keramikmesser sind für den Schliff nicht geeignet. Stolz zeigt Sigmund Riedlsperger auf den großen, runden Stein, der sich wie ein Rad dreht. Man sagt, dass das am Bachltag geschliffene Messer ein Jahr lang scharf ist.

Hüttschmiede im Einsatz

Es gab ein paar Jahrzehnte, da kümmerte sich niemand um die alte Schmiede. Vor einigen Jahren wurde sie wieder hergerichtet und seither führen sechs passionierte, pensionierte Schmiede an den Mittwochen (während der Sommermonate) ihr Handwerk vor. Als Erinnerung können bspw. handgeschmiedete Nägel mitgenommen werden. Großen Anklang findet die Revitalisierung der Hüttschmiede auch unter den Einheimischen. "Bauersleute lassen ihre Werkzeuge reparieren, für den Alpenverein werden Elemente für die Wegsicherung erstellt etc.", erzählt Sigmund Riedlsperger, der bei seinem letzten Satz dem Kustos des Bergbau- & Gotikmuseums Leogang, Hermann Mayrhofer, zuwinkt: "Hermann, komm doch rüber und erzähl uns ein wenig von diesem besonderen Ort hier."

Eine bedeutsame Kapelle

Es dauert auch nicht lange, da fängt der begeisterte Historiker über die nebenan stehende Annakapelle zu berichten an: "Von der Fachwelt erhielten wir bereits viel Anerkennung für die Kapelle. Am Altarbild erkennt man nämlich die Heiligenverehrung von Anna, Maria, Barbara, Sebastian, Johannes Nepomuk, Daniel und Florian sowie das Mundloch (Eingang) eines Stollens und ein Bergwerksgebäude. Die Vereinigung von weltlicher und religiöser Geschichte auf einem Altarbild ist sehr selten."
 

Mit Null begonnen

Dass die 3200 Jahre lange Bergbaugeschichte Leogangs überhaupt aufgearbeitet wird, verdankt der Ort dem Initiator Hermann Mayrhofer. In seiner 40-jährigen Zeit als Leoganger Gemeindeamtsleiter fiel ihm auf, dass der Bezug zur eigenen Geschichte schier verloren zu gehen drohte und so startete er 1989 mit null Exponaten, aber mit dem Wissen um die Besonderheit der Annakapelle (Hüttkapelle) und natürlich der langen Bergbaugeschichte, die erst 1970 endete.

Bewahrer der Geschichte

Im Laufe der Jahre erarbeitete sich das Leoganger Bergbau- und Gotikmuseum aufgrund von außergewöhnlichen und qualitätvollen Sonderausstellungen national und international einen ansehnlichen Ruf. Besonders das Thema "Heiligenverehrung im Bergbau" wurde mit hochwertigen Exponaten aufgewertet. Salzburg, das ehemalige Hoch- und Erzstift, mit seiner bedeutenden religiösen, wirtschaftlichen und politischen Vormachtstellung in Europa, wurde gerade durch den reichen Bergsegen ein Zentrum für Kunst und Kultur. Im Museum werden diese Zusammenhänge eindrucksvoll präsentiert.
 

Gut zu wissen

Viel Aufmerksamkeit rund um das Bergbau- und Gotikmuseum Leogang entstand 2007, als ein 800 Jahre altes, wertvolles Limoges-Kreuz abgegeben worden ist. Eine Frau aus Zell am See entdeckte es im Müllcontainer. Mit über 120 verschiedenen Mineralien belegt Leogang den zweiten Platz der mineralienreichsten Fundstätten Österreichs. Mineralien aus Leogang findet man weltweit - in zahlreichen, angesehen Museen sowie in Privatsammlungen.

Bilder: Edith Danzer, friendship.is