Saalfeldens Einsiedelei - ein Kraftplatz mit Geschichte
Einprägsam ist das Bild der Einsiedelei, der kleinen Kapelle im Fels, die sich etwas oberhalb von Saalfelden in die Landschaft schmiegt. Zurecht ein äußerst beliebtes Wanderziel für Groß und Klein, zurecht ein Ort, der für seine besondere Energie und Kraft geschätzt wird. Auch heute noch lebt in den Sommermonaten ein Eremit auf dem Palfen, wie ihn wir Saalfeldner gerne nennen. Doch was hat es mit diesem Kraftplatz eigentlich auf sich, wer sind die Menschen, die dort oben alleine und asketisch den Sommer verbringen? Und: Warum machen sie das eigentlich?
Suche Einsamkeit. Finde?
Einklang mit Gott und der Natur zu finden sind Motive dafür, sich in die Einsamkeit zu begeben. Die Eremitage am Saalfeldner Palfen ist eine der letzten ihrer Art. Noch heute bewohnt ein Einsiedler die Klause. Seinem Wortsinn nach bedeutet Eremit "Wüsteneinwohner". In den ersten Jahrhunderten des Christentums verließen Männer und Frauen zu Hunderten die Zivilisation und zogen hinaus in die ägyptische Wüste. Dort begaben sie sich in radikaler Weise auf die Suche nach Gott. Ein Einsiedler versteht sich als Nachfolger Jesu Christi und sucht gleichsam aus Protest gegen die Verweltlichung Zuflucht in der Einsamkeit. In Saalfelden zog erstmals 1664 ein Einsiedler ein.
Der erste Eremit in Saalfeldens Einsiedelei
Seit dem 16. Jahrhundert pilgern Menschen zur Felsenhöhle am Palfen, die ein Bild des heiligen Georg ziert. Später wurde eine Kapelle gebaut und unterhalb die Eremitage am Fels errichtet. Der Bauernsohn Thomas Pichler, der dem Orden des Heiligen Franziskus beigetreten war, zog als Erster in die Behausung. Damals hatten die sogenannten Klausner unter anderem die Aufgabe, während der Nacht Feuerwache zu halten. Von oben konnten sie die Gegend gut überblicken und sobald sie einen Brand bemerkten, läuteten sie die Glocke. 35 Jahre lang lebte Bruder Thomas in der Klause.
Dreizehn Eremiten bis 1900
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts folgten 13 weitere Eremiten, die teilweise sogar bis zu 40 Jahre am Palfen verbrachten. Eine asketische Lebensweise in Armut und Bescheidenheit, das Fernhalten von Ablenkungen und Reizen und der Dialog mit Gott gehören zum spirituellen Weg eines Eremiten. Beten, Meditieren und Büßen sind weitere Praktiken, um „innere Einkehr“ und Frieden zu finden. Wenngleich es nicht alle Einsiedler ganz genau mit ihrer Frömmigkeit nahmen, so ist der Brauch in Saalfelden dennoch nie abgerissen und bis heute tief in der Gemeinde verwurzelt.
Prägende Jahrzehnte im 20. Jhdt.
Josef Haitzmann und Friedl Schobersteiner waren jene Klausner, die das Kleinod oberhalb des Ortsteils Bürgerau im 20. Jahrhundert prägten. Danach schien es, als ob es vorbei wäre mit der Einsiedelei. Zwar hatten sich einige Hüter des Heiligtums darum bemüht, diesen Ort der Einkehr zu erhalten. Franz Wienerroither etwa begann in den 1990er-Jahren die Geschichte der Einsiedelei aufzuarbeiten und die Klause zu restaurieren.
Die letzten Jahre und ein internationaler Aufruf
Dennoch kam erst mit dem pensionierten Schneidermeister Karl Schantl wieder ein dauerhafter Bewohner nach Saalfelden, der das Einsiedlertum als spirituelle Erfahrung wiederbelebte. Dann kam Bruder Raimund von der Thannen, der sage und schreibe 11 Jahre lang seine Sommermonate am Palfen verbrachte. 2016 war Thomas Fieglmüller, Priester der Erzdiözese Wien und Psychotherapeut, Einsiedler am Palfen, bevor die Stelle im Herbst 2016 wieder ausgeschrieben wurde und für internationales Interesse sorgte. Bewerbungen kamen aus Argentinien, Kanada, Australien und Thailand, in die Einsiedelei gezogen ist im April 2017 schließlich ein Flame (Belgier), Stan Vanuytrecht. Er war lange Zeit als Offizier in Deutschland stationiert, weshalb er fließend deutsch spricht. Sein beruflicher Werdegang umfasst Tätigkeiten als Vermessungstechniker, Diakon, Sanitäter und in der Obsorge Strafgefangener, Obdachloser, Drogenabhängiger und Psychiatrie-Patienten. Er verbrachte 2019 seinen dritten Sommer am Saalfeldner Palfen.
Wer unseren Einsiedler treffen möchte, macht sich am besten nicht am Dienstag, Freitag und Sonntag. Dann ist er nämlich in der Stadt unterwegs bzw. feiert den Gottesdienst mit.
Geschichte der Einsiedelei bzw. Einsiedler im Überblick:
- 16. Jhdt.: Erste Menschen pilgern zum Palfen
- 1664: Erster Einsiedler zieht ein (Thomas Pichler)
- 1699-1900: 13 Einsiedler suchen innere Einkehr und Frieden auf der Einsiedelei
- 20. Jhdt: Josef Haitzmann und Friedl Schobersteiner
- 1968: Felsenhaus für Besucher geöffnet
- 1990: Franz Wienerroither restauriert die Klause
- 2001-2003: Karl Schantl
- 2004-2016: Bruder Raimund von Thannen aus dem Kloster St. Lambrecht
- 2016: Thomas Fieglmüller; internationale Suche nach neuem Einsiedler
- Seit 2017: Stan Vanuytrecht (Flame)
Bilder: Foto Bauer, Foto Lebesmühlbacher, Saalfelden Leogang Touristik